Naturschutzhaus e.V.

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Wiesbaden, Rheingau-Taunus

Amphibienkartierung

im Wiesbadener Stadtgebiet am Beispiel Kloppenheim

von Rainer Pietsch

Der folgende Artikell vom 18.10.96 zeigt an einem Beispiel wie die Kartierung im Gelände durchgeführt wurde, und welche Eindrücke die systematische Suche nach Laichgewässern bei vielen Kartierern hinterlassen hat:

Obwohl nur wenige Kilometer vom Wiesbadener Stadtzentrum entfernt, hat der Stadtteil Kloppenheim noch seinen dörflichen Charakter weitgehend beibehalten. So zeichnet sich das von mir untersuchte Gebiet, es reichte dabei bis an die Bebauungsgrenze der Nachbarorte Heßloch , Bierstadt und Igstadt heran, durch eine recht abwechslungsreiche Landschaft aus. Der Laubmischwald im Norden geht über ein ausgedehntes Streuobstwiesengebiet über in die vorwiegend für Getreideanbau genutzte landwirtschaftliche Fläche bei Bierstadt. Dazwischen befinden Querbach- , Auslage, Lindenbach- und Wäschbachtal mit ihren Wiesen und Bächen, aber auch Siedlungsfläche mit Gärten und Viehweiden. Gerade durch diese reichhaltige, kleinräumliche Landschaftsgliederung erscheint der Ort beispielhaft für den wiesbadener Außenbereich.

Die durchgeführte Amphibien- und Laichgewässerkartierung erfolgte im Frühjahr 96 durch ein systematisches Abgehen des gesamten Gebietes wobei natürlich bekannte Laichgewässern gezielt aufgesucht wurden, aber auch nach neuen Gewässern gesucht wurde. Schon beim Begehen erkennt man gute Voraussetzungen für eine reichhaltige Amphibienpopulation, denn die räumliche Nähe von Feuchtwiese und Wald oder Streuobstwiese stellt ein ideales Sommerbiotop und Winterquartier für die meisten Amphibien des Hügellandes dar. Zudem zeigt sich im untersuchten Gebiet gerade in den Feuchtwiesenbereichen eine abnehmendes Interesse an der landwirtschaftlichen Nutzung, was zunächst einmal weniger negative Eingriffe durch Entwässerungsgräben und Beweidung bedeutet.

Erst beim bewußten Suchen nach potentiellen Laichgewässern ändert sich der positive Eindruck, denn man erkennt auch in diesem ansonsten idealen Gebiet das Problem der heutigen Amphibien: der Mangel an Teichen und Tümpeln, welche sie zur Eiablage benötigen.

GrasfroschIm einzelnen ergibt sich hier im Bereich Heßloch, also oberes Wäschbachtal, und das anschließende Waldgebiet noch ein sehr gutes Bild. Von örtlichen Naturschützern wurden hier einige neue Teiche angelegt und bestehende Teiche gepflegt. Entsprechend konnten hier an insgesamt 5 Stellen Erdkröte, Grasfrosch, Bergmolch, Teichmolch (Fadenmolch?) und Feuersalamander nachgewiesen werden.

Bereits im anschließenden Querbachtal wurde nur noch ein größeres Laichgewässer mit Erdkröte und Grasfrosch gefunden, andere früher vorhandene Tümpel sind inzwischen verlandet. Lediglich im quellnassen oberen Talbereich fand sich noch ein einzelner Laichballen des Grasfrosches in einer Pfütze. Ansonsten ist dieses Tal weitgehend von einer Hochstaudenflora in einem fortgeschrittenen Sukzessionsstadium geprägt. Hier würde sich die Neuanlage von Tümpeln anbieten, da die Feuchtwiese landwirtschaftlich nicht genutzt wird, also keine Interessenkonflikte zu erwarten sind. Abgesehen davon würden Teiche an dieser Stelle eine Lücke von ca. 1,5 km zwischen dem Teich im unteren Querbachtal und den zuvor erwähnten Biotopen bei Heßloch schließen, und damit die großräumigen Biotope Wäschbachtal und Wickerbachtal miteinander verbinden.

Das parallel zum Querbachtal verlaufende Tal mit der Gemarkung "in der Auslage" ist ebenso wie dieses vom Laubwald umgeben, im Gegensatz dazu wird der Charakter aber durch extensive Landwirtschaft in Form von Beweidung geprägt. In den 70'er Jahren befanden sich hier 2 Teiche mit einer großen Amphibienpopulation, heute sind beide jedoch verlandet und neue Laichplätze wurden nicht gefunden. Obwohl dieses Tal nach wie vor gute Lebensbedingungen für Grasfrosch, Erkröte und Bergmolch bietet, nämlich Wiesen als Sommerquartiere und Laubwald mit viel Altholz zum Überwintern, muß ohne Laichplätze die Population als erloschen angesehen werden. Lediglich der Feuersalamander konnte im Bach nachgewiesen werden, da dieser als einzige Art auch Fließgewässer akzeptiert.

Ähnlich sieht es aus im Lindenbachtal und im Wäschbachtal zwischen Heßloch und Kloppenheim. In der recht malerischen und naturnahen Landschaft konnten durch das Fehlen von Laichplätzen keine Amphibien nachgewiesen werden! Einzige Ausnahme bildet hier wiederum der Feuersalamander dessen Larven in allen Bächen gefunden wurden. Aber selbst große Laichgewässer wie der Löschteich im Lindenthaler Hof (trockengelegt) und der Kloppenheimer Feuerlöschteich (zugeschüttet) sind heute nicht mehr vorhanden. Dabei ergeben sich sowohl am Lindenthaler Hof, als auch vor Heßloch und vor Kloppenheim mögliche Gebiete für die Anlage von Teichen, die durch ihre Hochstaudenvegetation anzeigen daß eine landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr stattfindet. Im Bereich des Kloppenheimer Sportplatzes wurden auch schon einmal entsprechende Feuchtbiotope angelegt, die jedoch bereits nach wenigen Jahren wieder verlandet sind.

Im weiteren Verlauf des Wäschbaches bis Igstadt und erst recht nicht im landwirtschaftlich intensiv genutzten Bereich zwischen Kloppenheim und Bierstadt finden sich keine weiteren Feuchtgebiete und keine Amphibien. Es bleibt somit noch der eigentliche Siedlungsbereich mit den Gärten und Gartenteichen. Hier gestaltete sich die Erfassung besonders schwierig, da diese Teiche normalerweise nicht zugänglich sind und auch häufig übersehen werden.

Abgesehen davon zeigt sich, daß zwar viele Gärten naturnah gestaltet sind, die meisten Gartenteiche aber nicht. Außer Goldfischen werden in Kloppenheim z.B. auch gerne Enten gehalten. Für beide sind die Larven der Amphibien ein willkommenes Futter. Dennoch sind Gartenteiche für diese Erfassung sehr wichtig, da sie in einem Großteil des Gebiets die einzigen verbliebenen potentiellen Laichgewässer darstellen.

Insgesamt kann die Erdkröte als typischer Bewohner der dörflichen Gärten angesehen werden. Sie ist am besten an das Leben in der Gartenumgebung angepaßt und kann auch größere Entfernungen zum nächsten Laichgewässer überbrücken. Darüberhinaus wurden im Übergangsbereich zu den Streuobstwiesen auch Bergmolche und Feuersalamanderlarven gefunden. Auch das Vorkommen der Ringelnatter wurde hier von Gartenbesitzern gemeldet. Außergewöhnlich ist das Vorkommen des Kammolches in einem Teich auf einem ehemaligen Industriegelände bei Igstadt. Auffällig ist dagegen, daß kein Grasfroschvorkommen im Siedlungsbereich festzustellen war, obwohl dieser früher im Kloppenheimer Feuerlöschteich vorkam.

Fazit

Man muß die Welt im wahrsten Sinne des Wortes aus der Froschperspektive betrachten, um sich der eigentlichen Situation bewußt zu werden. Renaturierte Bäche, zunehmende Extensivierung der Landwirtschaft und der erfolgreiche Ausbau der Amphibienschutzanlage im Nachbarort Auringen täuschen darüber hinweg, daß der Bestand weiterhin rückläufig ist!

Dies ist vor allen Dingen darauf zurückzuführen, daß die Zahl der Laichgewässer dramatisch abgenommen hat. Das Verschwinden der Feuerlöschteiche (Lindenthaler Hof, Kloppenheim) und anderer Gewässer (in der Auslage) wurde durch nichts kompensiert. Renaturierte Bäche dienen nur dem Feuersalamander als Laichgewässer. Ursprünglich einmal angelegte, kleinere Tümpel im Querbachtal und im Bereich des Kloppenheimer Sportplatzes sind schon nach kurzer Zeit verlandet, ohne offenes Wasser sind feuchte Wiesen aber kein vollständiges Biotop für Amphibien. Gartenteiche bilden unsichere, aber einzige Rückzugsgebiete für die Restpopulation von Erdkröte und Bergmolch. Der Grasfrosch, eigentlich eine Allerweltsart, kommt außerhalb des Waldes praktisch nicht mehr vor.

Da das Gebiet ansonsten aber gute Voraussetzungen für Amphibien bietet, kann allein schon durch die Anlage von 4 oder 5 Teichen eine deutliche Verbesserung erzielt werden.

Wie bereits zuvor erwähnt, zeigen sich in allen Bereichen geeignete Stellen für die Anlage von Feuchtbiotopen. Diese sollten möglichst groß sein, um ein baldiges Verlanden zu verhindern. Solche großen Teiche könnten z.B. über Ausgleichsmaßnahmen für Bauvorhaben finanziert werden. Daneben können aber auch kleinere Tümpel die Situation verbessert werden, wenn sie betreut und vor dem Verlanden bewahrt werden, bzw. rechtzeitig ein neuer Tümpel daneben angelegt wird. Da alle Amphibien eine ausgeprägte Laichplatztreue besitzen, können nur langfristige Laichplätze eine Population stabilisieren.

Die Erfolge solcher Maßnahmen lassen sich hier leicht anhand der Vorkommen des Grasfrosches erkennen. Da sich diese Art über ihre Laichballen und Kaulquappen sehr gut nachweisen läßt, eignet sie sich hervorragend als Zeigerart für die Entwicklung des lokalen Amphibienbestandes.