Naturschutzhaus e.V.

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Naturschutzhaus e.V.
Wiesbaden, Rheingau-Taunus

Untersuchung zur Bestandssituation und Anforderungen zum Erhaltungszustand der Äskulapnatter im Kloster Eberbach
in Verbindung mit der vorläufigen Stellungnahme aus 2005

Das Gelände des Kloster Eberbach im Rheingau bietet aufgrund seiner Lage inmitten von Wald und Wiesengelände, sowie der Strukturen und der Nutzung innerhalb der Klostermauern für verschiedene Tierarten gute bis optimale Bedingungen. Hierzu trägt auch die jahrhundertelange ehemalige Nutzung in diesem Bereich bei.

Neben einer Vielzahl an Fledermausarten, die hier Wochenstuben bilden, finden sich für diese auch ausgezeichnete Jagdbiotope aufgrund des hohen Insektenreichtums.

Die direkte Nähe des relativ naturnahen Löschteiches erweitert den Biotopwert als Lebensraum u.a. auch für Libellen, wie die Bachjungfer, und Amphibien, wie z.B. Grasfrosch, Erdkröte, Feuersalamander und Bergmolch.

An Reptilien kommen vor:
Waldeidechse, Blindschleiche, Zauneidechse, Ringelnatter (große Population), Schlingnatter (vereinzelt) und Äskulapnatter.
Das Vorkommen der Mauereidechse bis ca. 70er Jahre ist seit Mauersanierungen (Nähe Pfortenhaus) erloschen.

Nach mehreren Gesprächen mit der Klosterverwaltung wurde im Jahr 1998 eine relativ grobgefasste Konzeption durch Alexander Böhm und Richard Abt (Naturschutzhaus e.V.) erarbeitet und mit der Verwaltung abgestimmt.
Dieses Konzept hatte zum Ziel, in einigen konkret benannten vorhandenen Bereichen des Klosters den Lebensraum der Äskulapnatter zu erhalten, zu fördern und durch geeignete Maßnahmen

  • die touristische Nutzung nicht einzuschränken, sondern nur zu lenken,
  • bestimmte notwendige und vorhandene Biotopstrukturen zu erhalten,
  • die Pflegeaktivitäten in ausgesuchten Bereichen im Sinne des Artenschutzes auf das Notwendige zu beschränken, was sogar weniger Aufwand bedeuten würde,
  • die Lebensbedingungen der seltenen Schlangenart zu fördern,
  • vorhandene Ruhezonen zu belassen.

Mit Zustimmung der Klosterverwaltung wurden z. B.

  • eine vorhandene Ausstellung zeitweise in die touristische Vermarktung integriert - diese ist vorhanden, im Aufbau zeitlos und kann jederzeit angefordert werden.
  • 2 - 3x jährlich gut besuchte Führungen zum Thema Äskulapnatter angeboten, die mit bis zu 60 Teilnehmern immer gut besucht wurden.
  • 1x jährlich Vorträge zum Thema Fledermäuse durchgeführt.
  • ein Lehrpfad konzipiert. Dieser wurde am Schützenhaus Kiedrich realisiert, steht gegen Materialkosten jederzeit zur Verfügung und könnte in einem Teilbereich des geplanten "Mauerpfades" integriert werden.
  • ein Anschauungsobjekt (Holzhaufen, Eternitabdeckung) installiert, das aufgrund der evtl. Planungen derzeit nicht gewartet wird.

Durch Presseveröffentlichungen zu geplanten "Neu - Gestaltungsmaßnahmen" wurde seitens des Vereins Naturschutzhaus die Notwendigkeit gesehen, im Vorgriff zu evtl. schon konkret gefassten Planungsabsichten zu reagieren, um Fehlentwicklungen vorzubeugen.

Aufgrund der Fülle von Erfahrungswerten und der wissenschaftlichen Mitarbeit beim Projekt "Kartierung und Schutz der Äskulapnatter im Rheingau-Taunus und Wiesbaden durch den Verein Naturschutzhaus in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Amphibien- und Reptilienschutz in Hessen (AGAR)" und finanzieller Unterstützung durch das Hessische Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz entschloß man sich seitens des Naturschutzhaus, im Jahr 2005 und 2006 im Bereich des Klosters eine Untersuchung im Stile des o.a. Projekts durchzuführen.

Die gesamte Projektfinanzierung wurde vom Naturschutzhaus übernommen, da hier keine Fördermittel beantragt werden konnten. Zwangsläufig entstanden neben Material- und Fahrtkosten auch Aufwandsentschädigungen, da eine weitgehend lückenlose Dokumentation und Kartierung nicht nur an arbeitsfreien Tagen möglich ist.
Der Zeitaufwand ist schon bei nur regelmäßigen Begehungsterminen so enorm groß, daß einzelne Bearbeiter zeitweise Urlaub nehmen mussten, der dann mit einer geringen Aufwandsentschädigung kompensiert wurde.

Gesamtzeitaufwand inkl. Auswertung, Bericht und Fahrten mit privatem Fahrzeug: ca. 250 Stunden in 32 Begehungen mit durchschnittl. 3,0 Stunden.

Regelmäßige und sporadische Mitarbeiter:
Richard Abt, Andrea Wittgen, Alexander Böhm, Johannes Geisthardt, Andreas Noe, Dirk Abt

Erfasst wurden neben der Äskulapnatter alle vorkommenden Reptilien mit den konkreten Fundorten, die im beigefügten Lageplan des Klosters eingezeichnet wurden.
Erfasst wurden auch Biotopstrukturen und -elemente, die für die Äskulapnatter (natürlich auch für andere Reptilien) enorm wichtig sind. Die besagten Strukturen bilden u.a. Leitlinien innerhalb des Klosters und sind auch für den Austausch zur "Außenwelt" von großer Bedeutung, da die Durchlässigkeit der Mauer in vielen Bereichen gegeben ist (vgl. Aussagen 2005).
So sind in einigen wenigen aber wichtigen Bereichen des Klosters zwangläufig "Tabu-Zonen" zu registrieren bzw. zu beachten, die für die Erhaltung der Äskulapnatterpopulation überlebensnotwendig sind.

Es handelt sich im konkreten um die Randbereiche im Nordosten und Nordwesten des Areals, sowie der gesamte Mauerabschnitt im Süden - angrenzend zum Löschteich.
Der östliche Mauerabschnitt am Weinberg stellt eine Wanderroute dar, was auch u.a. durch überfahrene Tiere am Eingangsbereich (PKW-Parkplatz) belegt werden kann.
Im Lageplan wurden die entsprechenden Areale mit den jeweiligen Fundorten markiert.

Nach FFH-Richtlinie und Berner Konvention sind die Lebensstätten der besonders geschützten Tierarten sowie die Brutstätten zu sichern, zu erhalten und ggf. zu entwickeln (Keith Corbett). Die schließt unseres Erachtens eine Nutzung, die mit permanenten Beunruhigungen und Belastungen einhergeht, in einigen Bereichen des Klosters aus.
Ohnehin wird im Klosterbereich nur in äußerst seltenen Fällen gegen diese Grundsätze gehandelt - wenn, dann möglicherweise aus Unkenntnis einzelner vielleicht neuer Mitarbeiter.

zerstörte SchlangeneierLeider wurde der große Komposthaufen bei der Gärtnerei entgegen der Vereinbarungen und dem Grundkonzept vom 25.06.98 im Jahre 2006 schon Anfang September (statt Oktober) in wesentlichen Teilen genutzt bzw. umgeschichtet, so daß durch unsern Mitarbeiter Herr Böhm nur noch Schadensbegrenzung betrieben werden konnte. Die zum Teil freigelegten Eier wurden mittels Brutapparat zur Reife gebracht, die Jungtiere im Kloster wieder ausgesetzt. Bei der Durchsicht der zugänglichen Kompostbereiche wurden auch ca. 15 Jungschlangen in extrem verdichtetem Substrat aufgefunden, die sich ohne Hilfe wahrscheinlich nicht hätten befreien können. Bilder

Es muß in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, daß ein Komposthaufen am Rande des PKW-Parkplatzes (Einfahrt) in unmittelbarer Nähe der Straße Kiedrich-Hattenheim angelegt wurde, der u.E. zumindest für die Äskulapnatter von Nachteil ist. Da auch hier Gelege von den Tieren eingebracht wurden, konnten einige Totfunde registriert werden (von Fahrzeugen überfahren).

Zahlen und Fakten

Im umbauten Klosterbereich incl. Teichgelände wurden bei Begehungen insgesamt registriert:
Sichtungen : 9 erwachsene Tiere ohne Registrierungsmöglichkeit

Jungtiere: 2 Totfunde im Kloster
2 Totfunde Eingang PKW-Parkplatz/Kompost Hangkante
2 Expl. Teich
4 Expl. Kompost Gärtnerei
1 Expl. Haus des Abtes
alle ohne differenzierte Registrierung
ca. 25 Eier im Gärtnerei-Kompost

Erwachsene Tiere: 14 mit Vermessung und Fotonachweis
siehe Tabelle

davon Wiederfänge: 1
Totfunde: 2 Straße/PKW-Parkplatz

Die Anzahl der erwachsenen Tiere im und im unmittelbaren Bereich des Klosters liegt nach unserer Einschätzung bei ca. +/- 20 - 25 erwachsenen Tieren ( was auch zum Teil durch die niedrige Anzahl der Wiederfänge zu erwarten ist).
Die Durchlässigkeit in bestimmten Mauerbereichen lässt die Vermutung zu, daß die Tiere je nach Witterung, Nahrungsangebot und Lebenszyklus bzw. Gewohnheiten auch sporadisch in die angrenzenden Wald- und Wiesenbereiche wechseln.

Die Begehungen der verschiedenen Mitarbeiter fanden je nach dienstlichen Arbeitsbelastungen i.d.R. ca. 10 - 13 Uhr oder/und 16 - 18.30 statt. Allein Herr Noe konnte bedingt durch seinen Urlaub im Verlauf einer Woche regelmäßig zu unterschiedlichsten Tageszeiten die Kartierungen im Kloster durchführen.

Eiablageaktivitäten und Jungtiere konnten an allen eingezeichneten Kompost - und Schnittgutlagerplätzen nachgewiesen werden. Hierdurch und durch die Sichtungen und Fangnachweise lässt sich die derzeit bestehende Vernetzung und Bestandssituation sehr gut darstellen und ablesen.
Diese Vernetzungssituation ist für den dauerhaften Fortbestand der Gesamtpopulation maßgebend und in Planungen zu integrieren um den nachhaltigen Schutz zu gewährleisten.
Eines der bedeutendsten Vorkommen der Äskulapnatter in unserer Region liegt hier im Bereich des Kloster Eberbach.


Insgesamt gelten die grundsätzlichen Aussagen aus dem Jahr 1998 noch immer.
Aufgrund der immer stärkeren touristischen Nutzung ist die Einhaltung der abgestimmten Maßnahmen bzw. Unterlassungen noch wichtiger geworden als vorauszusehen war, denn schon kleinste Veränderungen an der falschen Stelle bzw. Örtlichkeit haben i.d.R. gravierende negative Folgen für die Population der Äskulapnatter.
Die geplanten Umgestaltungsmaßnahmen bedürfen auch in Hinblick auf die Berner Konvention und Europäisches Naturschutzrecht ein extremes Fingerspitzengefühl bei entsprechendem Abstimmungsbedarf.

Nebenbei sei noch zu bemerken, daß seitens der Besucher ein großes Interesse nicht nur in kultureller Hinsicht besteht. Die Führungen zum Thema Äskulapnatter und Fledermäuse sind sehr gut besucht, Bedarf besteht nach unserer Erfahrung auch zu Themen wie:

  • Heilpflanzen im Klostergarten
  • Bienen und Honig (wobei im Klostergelände Bienenzucht und Honigproduktion betrieben wird und je nach Aufbereitung des Themas durchaus gesonderte Veranstaltungen angeboten werden könnten.
  • Mönche bei der Arbeit ( im Stile eines Mittelalterfestes mit Produkten)
  • usw.

Als Anlage ist ein Plan des Klosters mit den erwähnten kritischen Bereichen beigefügt und als Planungsgrundlage zu verwenden.
Beigefügt jeweils eine Foto-Dokumentation, auch in Verbindung zu sehen zur Stellungnahme 2005.

Unserer besonderer Dank gilt u.a.
Andreas Noe (der eigens aus der kalten Eifel zum Kartieren in den Rheingau gefunden hat),
Thomas Sparr (der kontinuierlich und seit vielen Jahren die naturschutzrelevanten Belange vorbildlich umsetzt).
Alexander Böhm (der wie die Feuerwehr sofort vor Ort ist, um zu retten und zu bergen).

Wiesbaden, 21.09.2006

Richard Abt, Johannes Geisthardt